Lu Xun

Lu Xun, geboren 1881 in Shaoxing, Provinz Zhejiang, gilt als einer der bedeutendsten modernen chinesischen Autoren. Er war Redakteur einer progressiven Zeitschrift und eine einflussreiche Persönlichkeit in der Bewegung des 4. Mai, die ab 1919 die geistige, poli­tische und soziale Erneuerung Chinas und die Unabhängigkeit von den Kolonialmächten anstrebte. Lu Xun starb 1936 in Shanghai.

Ausführliche Biografie

Lu Xun wird am 25. September 1881 in der Kreisstadt Shaoxing, Provinz Zhejiang, geboren. Sein eigentlicher Name lautet Zhou Shuren. Sein Großvater war an der Kaiserlichen Akademie der Qing-Dynastie beschäftigt, sein Vater hatte die kaiserliche Prüfung für den niedrigsten Gelehrtenrang absolviert. Seine Mutter Lu Rui stammt aus einfachen bäuerlichen Verhältnissen. Als der Großvater wegen eines Bestechungsversuchs inhaftiert wird (er wollte zugunsten von Lu Xuns Vater und weiterer Familien der Stadt die Prüfungsergebnisse beeinflussen), beginnt der Niedergang von Lu Xuns Familie. Um der drohenden Sippenhaft zu entgehen, zieht Lu Xun im Alter von dreizehn Jahren mit der Mutter zur Großmutter mütterlicherseits in ein Dorf. Die dort erfahrene Not der Bauernschaft prägt ihn und wird zur Inspiration für sein Werk.

1898 besucht er in Nanjing die Marineakademie und danach die Akademie für Eisenbahn- und Bergbauwesen, wo er mit westlichen Denkweisen und der Naturwissenschaft vertraut wird und Englisch und Deutsch lernt. 1902 wird er mit einem staatlichen Stipendium nach Japan geschickt. In Tokio studiert er zunächst Japanisch und andere Fächer, bevor er nach Sendai an die Medizinische Akademie wechselt. Als er zum Schluss kommt, die Literatur sei das beste Mittel, den Geist der Menschen im darniederliegenden China zu verändern, bricht er das Medizinstudium ab und beginnt 1906 ein Studium der Literatur. In diesen Jahren entstehen erste Essays und zahlreiche Übersetzungen europäischer Literatur und Philosophie.

1909 kehrt Lu Xun nach China zurück und unterrichtet zunächst in Hangzhou und dann in seiner Heimatstadt Shaoxing naturwissenschaftliche Fächer. Nach dem Sturz der Qing-Dynastie und der Gründung der Chinesischen Republik im Jahre 1911 arbeitet er als Beamter im neu geschaffenen Bildungsministerium in Nanjing und später in Peking.

1918 wird er Redakteur der Zeitschrift Neue Jugend, die sich unter dem Einfluss der Russischen Revolution zu einer führenden Stimme der Erneuerung Chinas entwickelt und später der Kommunistischen Partei Chinas nahesteht. Im selben Jahr erscheint die Erzählung Das Tagebuch eines Verrückten, die das traditionelle Wertesystem als »Menschenfresserei« darstellt und als Beginn der modernen Prosa in China gilt.

1920 beginnt Lu Xun, Vorlesungen über Literatur an der Peking-Universität (Beida) und anderen Hochschulen zu halten. Lu Xun wird zu einer einflussreichen Persönlichkeit in der Bewegung des 4. Mai, die ab 1919 die geistige, poli­tische und soziale Erneuerung Chinas und die Unabhängigkeit von den Kolonialmächten anstrebt. Er gehört zu den Gründern mehrerer kulturpolitischer Organisationen und unterstützt publizistisch die sich verschärfenden Kämpfe der Studenten. 1921 entsteht Die wahre Geschichte des Herrn Jedermann.

Im Sommer 1926 wechselt er an die Universität von Xiamen, um der Zensur und Verfolgung zu entgehen, 1927 an die Sun-Yat-sen-Universität von Guang­zhou. Im selben Jahr übersiedelt er nach Shanghai. Als freier Schriftsteller, Pub­li­zist und Herausgeber von Zeitschriften wohnt er dort bis zu seinem Tod.

1930 wird er Mitglied der Liga linksgerichteter Schriftsteller. Zahlreiche Essays richten sich gegen die reaktionäre Politik der Guomindang-Regierung unter Chiang Kai-shek und gegen die Aggression durch Japan, das 1931 die Besetzung Nordchinas beginnt. Als Anreger, Förderer junger Talente, als Erneuerer der chinesischen Literatur, als Übersetzer von Werken aus dem Westen und leidenschaftlicher Polemiker ist er eine Zentralgestalt des politischen und kulturellen Lebens.

Am 19. Oktober 1936 stirbt Lu Xun an Tuberkulose.

Stimmen

»Lu Xun war ein unaufdringlicher Rebell und melancholischer Aufklärer, einer, der die menschlichen Schwächen nicht brandmarkte, sondern sie um und um wendete, bis er einen produktiv auszuweitenden Aspekt daran entdeckte.«

Berner Zeitung

»Lu Xun gehört zur Weltliteratur seiner Epoche wie Mandelstam und Pessoa, Kafka und Eliot.«

Manfred Papst, Neue Zürcher Zeitung

»In seinen tragisch-komischen Erzählungen hielt Lu Xun seinen Landsleuten den Spiegel vor und war dabei mitunter geradezu beleidigend. Auch nach hundert Jahren ist sein Werk mit Genuss zu lesen und dabei aktueller, als es manch einem in China lieb sein mag.«

Asia Bridge

Dokumente

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    Werke von Lu Xun

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    »Ein großer Künstler auf dem Hochseil zwischen China und der Moderne, Demokratie und Gewalt, Ost und West.« Die Zeit
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    »… was für mich das Herz von Lu Xuns Literatur ist: die nervöse Spannung, der schnelle Puls, die Gewitterstimmung. Bei diesem Meister geht alles schnell, Chancen sind rasch verpasst, die Schicksale wechseln wie Gespräche in einer Telefonzentrale, schnell, schnell, es eilt.« Lars Gustafsson
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    »Lu Xun schreibt nie ohne Not; Trauer um die gefallenen Freunde, Abschiedsstimmungen, Anfechtungen um Mitternacht, wenn er ’allein im Lampenschatten’ sitzt, durchziehen das Werk.« Jürgen Theobaldy
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    Chinesische Erzählungen mit viel Schalk zwischen den Zeilen.