Ayse Kulin: Der schmale Pfad (Birgün)
Aus dem Türkischen von Angelika Gillitz-Acar und Angelika Hoch
Zum Inhalt
Die Journalistin Nevra Tuna steckt in tiefen privaten und beruflichen Krise. Um ihre Karriere zu retten, möchte sie ein Interview mit der inhaftierten kurdischen Politikerin Zelha Bora führen. Es gibt aber noch einen weiteren Grund, warum sie zu ihr möchte: Nevra vermutet, dass es sich bei ihr um die beste Freundin aus Kindertagen handelt. Nevra schafft es, sich ins Gefängnis einschleusen zu lassen und die Kurdin zu treffen. Das Gespräch der beiden Frauen wird erst einmal zum Schlagabtausch, da jede vehement ihre Position als Türkin. bzw. Kurdin vertritt. Das Interview droht zu scheitern, bis sich Nevra endlich zu erkennen gibt.
Die Frauen frischen ihre Kindheitserinnerungen auf und erzählen sich gegenseitig ihre Lebenswege. Dabei kommen auch ungelöste Fragen zur Sprache, die nun, nach Jahrzehnten, endlich geklärt werden: Warum war Nevras Vater, der türkische Landrat, bei der Familie Zelhas so angesehen? Weshalb stieg er in seiner Laufbahn als Verwaltungsbeamter nicht weiter auf? Welchen Konflikt trugen Nevras Eltern aus, der schließlich sogar zur Scheidung führte? Und was hat das ganze mit Cengiz zu tun, dem damals jungen Verwandten Zelhas, der sich den Partisanen anschloss? Dabei werden auch durchaus allgemeine Probleme angesprochen: Staatliche Gewalt, Folter und katastrophale Haftbedingungen, ungenügende Bildungschancen für Kurden, mangelnde Rechte für Frauen, unmenschliche Traditionen wie Blutrache und Ehrenmord
Die beiden Frauen gewinnen Verständnis für die Situation und Haltung der anderen. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass der Konflikt zwischen Kurden und Türken in einer gangbaren Lösung für beide Gruppen endet.
Ayse Kulins Heldin Zelha Bora hat Leyla Zana zum Vorbild. Sie hätte gerne eine Biografie über sie geschrieben, wurde allerdings von Leyla Zana nicht dazu autorisiert. Also entschied sich Kulin für die Romanform.